PROWO statt Klassenreise!!!
„Och ne, Herr Bauer, machen wir etwa eine ganze Projektwoche zum Thema „Berufsorientierung“?
„Wieso fahren wir nicht lieber auf Klassenreise oder machen irgendwas Tolles?“…
so war es aus der Klasse 8b der Stadtteilschule Poppenbüttel zu hören, nachdem ich meinen SchülerInnen erzählt hatte, wie die erste Projektwoche dieses Schuljahres inhaltlich aussehen würde…..
Begeisterung sieht anders aus und hört sich anders an, aber die Berufsorientierung ist nun mal ein wichtiges Thema des 8. Jahrgangs und alleine im „normalen“ Unterricht lassen sich all die Inhalte nicht abhandeln, besprechen und erfahren….
Der Montag
startet für uns mit einem Projekt, das einen nachhaltigen Eindruck in der Klasse hinterließ: Der Verein „Gefangene helfen Jugendlichen“, den es seit über 20 Jahren in Hamburg gibt, schickte zwei ehemalige Strafgefangene in die Schule, die sich mit den Jugendlichen über das Leben im und außerhalb des Gefängnisses auseinandersetzten. Die Kids konnten wirklich noch so persönliche Fragen stellen, sie bekamen sehr deutliche, ehrliche Antworten.
Tenor des Projektes, die Jugendlichen sollen die schwerwiegenden Konsequenzen und die Perspektivlosigkeit von Kriminalität erfahren. Ihnen soll eine intensivere Auseinandersetzung mit ihrem eigenen Verhalten nahegelegt werden. Die Zeit ging viel zu schnell vorbei, fanden alle und es wurde sogar noch in der Pause weiter diskutiert und nachgefragt.
Am Dienstag
trafen wir uns mit der Klasse bereits um 8 Uhr vor dem Gebäude der Deutschen Angestellten Akademie in Barmbek. Unter dem Motto „Zukunft jetzt – Entdecke deine Stärken!“ wird dort in einem fünf bis sechs stündigen Kurs den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit geboten, eigene Kompetenzen und Talente sowie in ihnen „schlummernde“ Potenziale zu entdecken. In sechs unterschiedlichen Stationen konnten die Jugendlichen sich spielerisch in den folgenden Bereichen ausprobieren:
• Praktisch-technische Orientierung
• Intellektuell-forschende Orientierung
• Künstlerisch-sprachliche Orientierung
• Soziale Orientierung
• Führend-verkaufende Orientierung
• Verwaltend-ordnende Orientierung
In der abschließenden Auswertungsrunde erhielten die Jugendlichen eine Einschätzung ihrer Stärken in der Form eines individuellen Ergebnisbogens, den sie für ihre Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz nutzen können.
Der Mittwoch
stand ganz im Zeichen der Mathematik und der Erkundung von Berufsbildern. Zum Teil auf der Grundlage der gestrigen Einschätzungen aber auch aufgrund von ersten Eindrücken am Zukunftstag im Jahrgang 7 wählten die SchülerInnen der 8b Berufe aus, über die sie mehr Informationen erhalten wollten. Sie konnten dazu zunächst in den frisch verteilten Büchern „Berufe aktuell“ stöbern; abschließend sahen wir uns im Berufe TV die entsprechenden Filme an.
Stand zunächst meist noch als erste Frage „Wie viel verdient man eigentlich als……..“ im Raum, wurde mit jedem Film auch das Interesse an den Arbeitsfeldern im jeweiligen Beruf immer größer.
Den Donnerstag
starteten wir mit dem Zusammenstellen eines Portfolios zum Thema Berufsorientierung. Jeder bekam einen Ordner und darin wurden nach und nach wichtige Aufgaben- und Informationsblätter eingeheftet, mit denen wir uns in den kommenden Monaten intensiver auseinander setzen wollen. Bereits beim Zusammenstellen zeigten viele SchülerInnen großes Interesse an dem einen oder anderen Blatt und am liebsten hätten sie sofort mit dem Ausfüllen oder mit dem Bearbeiten begonnen.
– zum Glück gab es nach der ersten Pause des Tages keinen (Seenot)Rettungsfall in der Schule sondern das Projekt „Schüler ohne Schulden“. Den SchülerInnen wurde sehr deutlich aufgezeigt, wie schnell man sich von Werbung beeinflussen lässt und dass hinter „harmlos scheinenden“ Seiten im Internet oft nichts anderes als versteckte Werbung steckt. Daneben wurde auch noch die Schuldenfalle „Handyvertrag“ verdeutlicht und die Kids waren am Ende überrascht, wie schnell es passieren kann, in den Strudel von Schulden zu geraten.
Der Freitag
stand ganz im Zeichen von Bewerbung und Lebenslauf. Im PC Raum unternahmen die Schülerinnen erste Versuche einen geeigneten Lebenslauf zu entwerfen. So mancher merkte bald, dass das Formatieren des Textes bereits die erste Hürde darstellte. Doch auch das Zusammenstellen der Schulbesuche ließ manchen stocken: „Wie hieß noch gleich meine Grundschule?“, „Von wann bis wann war ich dort?“… und dann die Frage nach den Hobbys und Interessen….
Im zweiten Teil des Vormittags bekamen wir Unterstützung von REWE, die uns eine „Bewerbungsfachfrau“ geschickt hatten. Spielerisch erklärte sie der Klasse, worauf es bei einer Bewerbung unbedingt ankommt:
„Natürlich muss man sich über den Betrieb informieren!“,
„Nein, ein Urlaubsfoto ist nicht als Bewerbungsfoto geeignet!“,
„Euer Bewerbungsschreiben muss sich von den anderen abheben!“ –
Und natürlich gab es nicht nur die richtigen Tipps sondern vor allem auch handfeste Beispiele, die in der Klasse den einen oder anderen Lacher herauslockten. Besonders im Gedächtnis geblieben ist wohl allen der erste Satz eines Bewerbers in seinem Schreiben: „Ich bin genau der richtige Mann für diese Filiale, denn ich komme morgens mit dem Fahrrad und bin bereits nach 20 Minuten Fahrweg pünktlich vor Ort, während die anderen noch mit den Autos im Stau stehen…“ – der Bewerber wurde sofort eingeladen…
Stillvoll ging die Projektwoche zu Ende
Den Abschuss der Projektwoche krönten wir mit einem leckeren Eis und die gute Stimmung in der Abschlussrunde machte deutlich, dass diese Projektwoche doch gar nicht so übel und blöd gewesen war, wie von den SchülerInnen zunächst befürchtet. Klar ist eine Klassenreise toller, aber die kann ja auch noch am Ende der 8. Klasse gemacht werden. Dann haben aber hoffentlich alle erfolgreiche Bewerbungen und Lebensläufe geschrieben und die Praktikumsplätze für den Jahrgang 9 sind dann sicher fest „gebucht“!
(Bau)